"Unbarmherzig" von Inge Löhnig

Im kleinen bayerischen Dorf Altbruck werden auf einem Kiesablageplatz menschliche Schädelteile entdeckt. Schon bald steht fest, dass hier mehrere Jahrzehnte zuvor zwei Menschen heimtückisch ermordet wurden. Ein Fall für das Cold Case Team der Münchener Kriminalpolizei, dem auch Gina Angelucci angehört, die gerade erst ihren Mutterschaftsurlaub beendet hat. Mit viel Eifer und dem Wissen, dass ihr Mann, Kommissar Konstantin Dühnfort von nun an bei ihrer Tochter weilt, stürzt sie sich in die Ermittlungen hinein und kommt einer baltischen Zwangsarbeiterin auf die Spur, die im Spätsommer 1944 spurlos aus der Altbrucker Heeresmunitionsanstalt verschwand. Ist sie eine der Toten und wenn, wer hat sie damals umgebracht? 

„Unbarmherzig“ ist der zweite Fall für die Münchener Kriminalhauptkommissarin Gina Angelucci, die sich gerne in ihre Fälle verbeißt und mit einer schon fast an Fanatismus grenzenden Entschlossenheit alles daran setzt, auch aussichtslos erscheinende Altverbrechen neu aufzurollen. Dass sie dabei an behördliche Grenzen stößt, stört sie wenig. Denn auch die Familien von lange vermissten und mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Opfer von Verbrechen gewordenen Menschen haben das Recht zu erfahren, was mit ihren Angehörigen geschehen ist. Aber nicht nur der neue und überaus knifflige Fall verlangt von der engagierten Polizistin einiges ab. Auch eine unbekannte Stalkerin lässt sie nicht ruhen, da sie regelmäßig vor ihrer Haustür steht. Mit dem Instinkt einer Mutter wittert sie, dass von der Fremden eine nicht einzuschätzende Gefahr ausgeht und bittet ihren Mann vorsichtig zu sein. 

Genau, wie in dem vorangegangenen Band mit Gina Angelucci ist der Anteil der Ermittlungsarbeit in dem eher ruhig verlaufenden Kriminalroman hoch. In einer spannenden Zeitreise und mit akribisch geführten Recherchen verfolgt der Leser hautnah mit, wie ein Stück deutscher Geschichte aufgearbeitet und durchleuchtet wird. Dabei ärgert es sehr, dass unter den älteren Dorfbewohnern ein stoisches Schweigen herrscht, während auch die jüngere Generation nur wenig aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Ein Umstand, der die Arbeit der Münchener Kommissare erheblich erschwert. Doch zum Glück taucht im Verlaufe der Ermittlungen ein Tagebuch auf, dessen Schreiber von einer alten Schuld und dem Leben als Zwangsarbeiter in der Altbrucker Heeresmunitionsanstalt zu berichten weiß. Das alles wird aus mehreren Perspektiven heraus und mit einem angenehm bildhaften Schreibstil erzählt und verspricht ein Leseerlebnis, das nah an der Realität ansiedelt ist und noch lange nachklingen wird. 

Fazit:
Mit „Unbarmherzig“ sticht Inge Löhnig mitten in die Schwachstellen unserer Gesellschaft hinein und liefert neben einem fesselnden Fall auch ein klares Statement zum Umgang mit rechtem Gedankengut.

Samstag, 22. Juni 2019

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