"Rachemädchen" von Phoebe Locke

Wer kennt sie nicht, die Legende vom schwarzen Mann, der Kindern Angst einjagt und die bösen von ihnen entführt. Seit Jahrhunderten schon taucht er in Gruselmärchen, Kinderreimen und Sagen auf, wobei er ganz verschiedene Namen annimmt. Doch egal, ob er als großer, schwarzer, Schatten- oder Butzemann in Erscheinung tritt, eines ist immer gleich. Sind die Kinder nicht brav, werden sie verschleppt oder auch aufgefressen, je nachdem wie es ihm beliebt. Ein schauriger Mythos, den die britische Autorin Phoebe Locke nutzt, um mit ihm und einem wahren Verbrechen eine Geschichte zu erzählen, die schaurig und rätselhaft ist und auf der Angst vor dem schwarzen Mann basiert. 

Das verhängnisvolle Geschehen beginnt im Jahr 1990, als das Mädchen Sadie gemeinsam mit ihrer Freundin Helen die Sommerferienferien verlebt. In diesem Jahr erfährt sie zum ersten Mal vom großen Mann, der die guten Kinder beschützt und die bösen Kinder zu sich holt. Von da an schleicht sich die Schattengestalt in ihre Träume und ein und lässt sie nicht mehr los. So geschieht es, dass sie gemeinsam mit Helens großer Schwester und einer weiteren Freundin merkwürdige Rituale im Wald verübt, damit der große Mann gnädig gestimmt wird. Allerdings nur bis zu dem Tag, als plötzlich eine Katastrophe ihrem heimlichen Tun ein Ende setzt und niemand mehr offen über die damaligen Ereignisse spricht. Und erst viele Jahre später als eine Filmcrew die Wahrheit über die 18-jährige Mörderin Amber Banner herausfinden will, flammen die Schatten der Vergangenheit wieder auf und das, was einst im Wald geschah, fordert nun seinen Tribut. 

„Rachemädchen“ ist das Thrillerdebüt von Phoebe Locke, die True Crime Geschichten mag und ihre Vorliebe für wahre Kriminalfälle in ihrem Erstling verarbeitet hat. Mit einem guten Gespür für menschliche Verhaltensweisen geht sie dabei vor und stellt das absonderliche Benehmen einer jungen Mörderin genauso nachvollziehbar dar, wie das skrupellose Vorgehen einer ehrgeizigen Filmemacherin. Dazu springt sie in verschiedenen Zeitebenen hin und her, lässt Figuren aus eigener Sicht erzählen, was um sie herum geschieht und fügt das Ganze Stück für Stück zu einer nachvollziehbaren Abfolge von Ereignissen zusammen, die düster, unheilvoll und erschreckend sind. Allerdings braucht es einige Zeit, bis das anfänglich verwirrende, später dann immer lichter werdenden Geschehen seine volle Wirkung entfachen kann und der Leser erkennt, welche Schuld der Einzelne auf sich geladen hat und was einst tief im Wald geschehen ist. 

Fazit:
Wunderbar kurzweilig erzählt, taucht der Leser in ein geschickt inszeniertes Psychospiel um Schuld und Sühne ein, das erst im Verlaufe der Handlung seine volle Sogwirkung entfacht.

Samstag, den 18. Mai 2019

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