Kommissarin Hulda Hermannsdóttir ist entsetzt. Neun Monate vor ihrer Pension soll sie beurlaubt werden, da man ihr Büro für einen jüngeren Kollegen braucht. Eine Unverschämtheit, wie die erfahrene Ermittlerin meint. Deshalb erhält sie von ihrem Chef eine letzte Gnadenfrist. Zwei Wochen lang darf sie in einem bereits zu den Akten gelegten Fall ermitteln, den sich selber aussuchen kann. Lange überlegen muss Hulda nicht, und beginnt den Tod einer jungen russischen Asylantin aufzurollen, da sie weiß, dass sich der damalige Ermittler nicht viel Mühe mit der Aufklärung des vermeintlichen Selbstmordes gegeben hat. Doch ihre Entscheidung stellt sich schnell als Fehler heraus. Denn schon bald gerät dir isländische Kommissarin in große Gefahr.
„Dunkel“ ist der erste Band einer Trilogie um die 64-jährige Kommissarin Hulda Hermannsdóttir, die für die Polizei in Reykjavík tätig ist. Stets auf der Verliererseite, wenn es um längst überfällige Beförderungen geht und privat von beträchtlichem Pech verfolgt, kniet sich die für ihre Hartnäckigkeit bekannte Ermittlerin tief in die Aufklärung von Verbrechen hinein. Doch auch das, will man ihr nehmen und Huldas Verbitterung ist groß. Ohne Rücksicht zu nehmen, arbeitet sie an ihren letzten Fall und so dauert es nicht lange, bis sie wegen ihrer Alleingänge Ärger bekommt. Eine toughe Hauptfigur, die keinesfalls sympathisch ist und trotzdem die Aufmerksamkeit der Leser erlangt.
In drei Handlungssträngen wird der Thriller erzählt. Wobei der erste und überwiegende Strang in der Gegenwart angesiedelt ist und die Bemühungen von Hilda schildert, die einer jungen Frau Gerechtigkeit widerfahren lassen will. Die beiden anderen Stränge, die in der Vergangenheit angesiedelt sind, erzählen zum einen von einer jungen Mutter, die ihr vaterloses Kind alleine großzuziehen versucht und zum anderen von einer unbekannten jungen Frau, die mit einem flüchtigen Bekannten auf Abenteuerreise geht. Eine nicht so glückliche Wahl, da die eigentliche Handlung durch die erklärenden Einschübe aus der Vergangenheit immer wieder ins Stocken gerät. Hier wäre ein gedanklicher Ausflug in frühere Zeiten ausreichend gewesen, damit der Leser die notwendigen Informationen erhält.
Angenehm vielschichtig und mit einer wunderbar atmosphärischen Grundstimmung präsentiert sich der Thriller trotz alledem und beweist, wie gut sich der Autor in fremde Gefühlswelten hineinversetzen kann. Vor allem in seine Hauptfigur Hulda, die er grantig und verbittert in Szene lässt, während sie in ihrem Inneren ganz andere Eigenschaften verbirgt. Und genauso facettenreich und undurchsichtig wie sie, präsentiert sich auch der Plot, der ein hochaktuelles Thema anspricht und mit gesellschaftskritischen Anmerkungen angereichert ist. Ein flüssiger Schreibstil und angenehm kurze Kapitel tun ihr Übriges dazu, dass sich der Thriller angenehm liest und trotz moderatem Spannungsbogen mit einem interessanten Fall und viel Atmosphäre zu fesseln versteht.
Fazit und Bewertung:
Der gelungene Auftakt für eine unbequeme Kommissarin aus dem hohen Norden, die in „Dunkel“ ihren letzten Fall bestritten hat. Deshalb sind auch die nächsten beiden Bände der Thriller-Trilogie vorangegangenen Ermittlungen gewidmet und lassen hoffen, dass diese genauso vielschichtig und bewegend, wie der letzte Einsatz sind.
Sonntag, 16. August 2020
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